Von Demut und Demütigung

Demut

Die Demut

Der Begriff „Demut“ geht auf das althochdeutsche „diomuoti“, also „dienstwillig“ zurück. Aber in Demut steckt auch das Wort „Mut“. Was soll uns das sagen?

Demut bedeutet zum einen das Akzeptieren einer höheren Instanz, die Bereitschaft zur Unterordnung. Früher galt dies dem Dienstherr, daher auch das „dienstwillig“.

Zum anderen also der Mut. Denn ist es nicht mutig, sich freiwillig unterzuordnen, jemand oder etwas Anderem die Führung ohne Zaudern zu überlassen? Dieser Mut aber befreit vor der Anmaßung der eigenen Wichtigkeit. Demut ist Glauben und Vertrauen und Sicherheit.

Demut heißt, seinen Platz zu kennen und anzunehmen. Daher ist die zur Demut gehörende Körperhaltung das „Kleinmachen“ in Form von Knicks oder Diener, das Auf-den-Rücken-Werfen bei Tieren. Demut heißt, sich in völliger Übereinstimmung mit dem eigenen Sein zurückzunehmen. Demut soll auch Aggressionen des Gegenübers verhindern. Denn es gibt immer jemanden in Demut und das Objekt derselbigen. Demut ist eine Geste und eine innere Haltung.

Also Demut vor dem Dienstherr, dem Chef? Nein! Aber Demut vor den Naturgewalten, die wir nicht kontrollieren können. Demut vor Geschenken des Lebens wie die eigenen Kinder oder die Genesung nach schwerer Krankheit. Und auch die Demut vor den Grenzen unseres eigenen Geistes. Demut ist Dankbarkeit. Man ist demütig vor dem, dem man vertraut, dem man Gutes und Großes zutraut, dem man Logik und Verantwortung zuordnet, selbst dann, wenn sie sich einem selbst nicht erklärt. Demut ist Hingabe.

Die Demütigung

Eine Demütigung ist eine bewusste herabwürdigende Behandlung eines anderen Lebewesens, die seine Würde und seinen Selbstwert antasten soll. Der Misshandelte soll zur Demut gezwungen werden. Aber dies schließt sich per definitionem aus. Demut ist eine freiwillige, aus der inneren Überzeugung entstehende Haltung.

Ein typisches Symbol der Demütigung ist der Judenstern. Er deklarierte Menschen zu Wesen zweiter Klasse, eine Maßnahme ohne Sinn und Verstand, verachtend und beschämend.

Das Gefühl, das uns Menschen am tiefsten trifft, das ist dieses Gefühl der Demütigung. Keine Angst, keine Traurigkeit, kein Zorn und keine Schuld graben sich so tief in unsere Seele wie die Demütigung, die tiefe Scham. Dieser Schmerz ist nur sehr schwer und sehr langsam zu heilen. Dies konnte sogar in Studien zur Hirnaktivität (Universiteit von Amsterdam) nachgewiesen werden. Eine Demütigung macht uns machtlos, wehrlos, hilflos. Demütigung erfolgt in Absicht und provoziert dadurch den Zweifel an der eigenen Person oder Beurteilung.

Demütigung ist leider keine Seltenheit. Ein häufiges Beispiel mitten aus dem Leben ist der Vergleich, den Eltern (gedankenlos?) zwischen ihren eigenen und fremden Kindern ziehen. Bewundern die Eltern intensiv den Spielkameraden, so werten sie somit ganz automatisch parallel das eigene Kind ab. Da das Kind den Eltern vertraut, muss es davon ausgehen, dass es schlecht, weniger wert ist als der eigene Freund. Es schämt sich für seine Unzulänglichkeit.

Nichts wie weg!

Das letztgenannte Beispiel zeigt, wie oft Demütigungen im täglichen Leben passieren. Wir können uns spontan meist nicht wehren, da das Akutgefühl einen niederdrückt. Vielleicht ist man auch stark genug, um sich aufzulehnen, aber es wird ein Schamgefühl, ein „Fragezeichen“ als Knoten im Bauch, zurückbleiben. War etwas Wahres dran an der Demütigung? Hat man sie gar verdient? Sollte man sich nicht dem Angreifer demütig beugen?

Wer das Gefühl der Demütigung kennt, bekommt hiermit seinen offiziellen Freispruch: NIEMAND hat das Recht, dieses Gefühl in einem auszulösen.

Zu lernen mit Demütigung umzugehen, ist ein längerer Prozess. Hier daher nur ein paar Ansätze:

Wenn die Gedanken immer wieder um die demütigende Situation kreiseln, dann hilft es, diese vorerst sachlich zu analysieren. Stimmen die herabwürdigenden Fakten oder trafen zwei Meinungen aufeinander? Zwei Meinungen? Dann geht es darum zu lernen, zu seiner Meinung zu stehen. Wenn man aber faktisch einen Fehler gemacht hat, so ist dies menschlich, so schlimm der Fehler auch gewesen sein mag. Aus Fehlern kann man aber lernen und man kann alles daransetzen, sie nicht zu wiederholen. Man kann sie eingestehen und (sich) entschuldigen. Man kann Wege der Gutmachung überlegen. Dabei ist aber unbedingt zu beachten, wie schwer der Fehler war. Auch hier ist wieder die eigene Einschätzung gefragt. Manchmal hilft es auch, andere mit einzubeziehen und zu eruieren, wie der Schweregrad eingestuft wird. Bei einer Demütigung ist hier oft eine Diskrepanz zwischen der Einschätzung des Demütigenden und jener des Gedemütigten, also dann auch hier: zwei Meinungen.

Rache ist ein häufiges Wunschdenken nach einer Demütigung. Verständlich ja. Aber Rache ist ein nur sehr kurzfristig befriedigendes Gefühl. Effektiver und machtvoller – auch dem anderen gegenüber – ist das Zeigen der eigenen Unantastbarkeit, das Bewahren der inneren Würde, des Selbstwertgefühls, der Menschlichkeit oder hier: Güte. Kurzum: Lache statt Rache!

Interessant

Obwohl eine Demütigung so verletzend ist, gilt sie – im Gegensatz zur Beleidigung (§ 185 StGB) oder Verleumdung (§ 187 StGB) – nicht alleinig als Straftatbestand, kann aber unter vorgenannten geahndet werden.

Von Demut und Demütigung
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